Sigmund Ullmann

Stolperstein Sigmund Ullmann
Stolperstein von Sigmund Ullmann in der Immenstädterstraße Sammlung: Lienert

Sigmund Ullmann wurde am 30. Juli 1854 in Osterberg (zwischen Babenhausen und Altenstadt an der Iller) geboren. Er kam 1877 nach Kempten, wo seine Familie ein Bankgeschäft betrieb. Er war von 1914 bis 1942 Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, sowie Magistrats- und Stadtrat. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde sein Wohnhaus zum „Judenhaus“ umfunktioniert, in das jüdische Familien eingewiesen wurden. Trotz seines hohen Alters wurde Sigmund Ullmann am 12.08.1942 über München nach Theresienstadt deportiert und am 19.09.1942 ermordet.

Bild von Sigmund Ullmann und Bürgermeister Dr. Otto Merkt
Bild von Sigmund Ullmann (links) mit Dr. Otto Merkt; Sammlung Lienert

Er wuchs als eines von fünf Kindern von Liebmann und Karolina Ullmann auf. Seine Familie war eine Viehändlerfamilie, welche zunächst nach Memmingen zog, wo Liebmann Ullmann 1865 ein Bank- und Wechselgeschäft eröffnete . Dieser schickte seine Söhne Hermann und Nathan 1869 weiter nach Kempten zur Gründung einer Filiale.

Eröffnng des Bankgeschäftes von Liebmann Ullmann und Söhnen (Hermann und Nathan) in Kempten
Eröffnung des Bankgeschäftes von Liebmann Ullmann und Söhnen in Kempten, aus Allgäuer Zeitung

1877 trat der damals 23-jährige Sigmund in das Bankhaus seiner Brüder ein, das am Rathausplatz ansässig war. 1904 erwarb er ein eigenes Haus in der Immenstädter Straße 20, welches ab 1933 zum sogenannten „Judenhaus“ umfunktioniert wurde, in welchem er bis zu seiner Deportation lebte. 

Stammbaum der Familie Ullmann zwei Generationen vor Sigmund Ullmann und eine Generation nach ihm
Stammbaum der Familie Ullmann bis Ende des zweiten Weltkrieges Ersteller: F. Meinel

Ullmann engagierte sich stark in der Kommunalpolitik von Kempten.Am 1. Januar .1912 wurde in den Magistrat der Stadt berufen und übte dieses Amt bis 1919 aus dort fungierte zudem auch als Finanzberater für Oberbürgermeister Otto Merkt. Von 1922 bis 1924 war er Stadtrat für den Bürgerverein. Seine Expertise war während der Inflationszeit besonders gefragt, und seine Unterschrift findet sich auf Kemptener Notgeld dieser Epoche. 

Neben seinen politischen Tätigkeiten übernahm Ullmann als zweiter 1914 den Vorsitz der jüdischen Kultusgemeinde in Kempten, nachdem er diese in Position für ein Jahr in Memmingenschon übernahm. Unter seiner Leitung verlor die Gemeinde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ihren Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft und wurde zu einem eingetragenen Verein degradiert. Dennoch setzte er sich weiterhin für die Belange der jüdischen Gemeinschaft ein. 

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 begann für Ullmann eine Zeit der Entrechtung, Enteignung, Demütigung und Verfolgung. Er musste den Judenstern tragen und sein Wohnhaus wurde enteignet und zum sogenannten “Judenhaus” erklärt, in dem die verbliebenen Kemptener Juden zwangsweise untergebracht wurden. Trotz dieser Demütigungen blieb Ullmann standhaft und beherbergte in seinem Haus heilige Gegenstände aus dem Betsaal (welcher bis heute nicht auffindbar ist), die später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und versteigert wurden. 

Im August 1942, im Alter von 88 Jahren, wurde Sigmund Ullmann ins Tschechische Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 19. September desselben Jahres verstarb. Als Todesursache wurde offiziell “Altersschwäche” sowie Marasmus (Proteinmangel) angegeben.

Deportationsliste mit unter anderem Sigmund Ullmann
Deportationsliste Sigmund Ullmann; Original in: statistik-des-holocaust
Todesfallanzeige Sigmund Ullmann
Todesfallanzeige Sigmund Ullmann; Original in: holocaust.cz

Zusatz Fakt:

Als Würdigung seines Einsatzes für die Stadt Kempten wurde 1997 der Platz vor dem Müßiggengelzunfthaus zum Sigmund-Ullmann-Platz benannt

Bild vom Schild am Sigmund-Ullmann-Platz in Kempten
Foto vom Sigmund-Ullmann-Platz in Kempten Sammlung: Lienert