Familie Kohn

Die Familie Kohn stammt ursprünglich aus Luck bei Karlsbad in Böhmen. Leopold Kohn (geb. 10. Januar 1853 in Luck in Böhmen) heiratete am 25. November 1879 Mathilde Laudenbacher (geb. 22. Mai 1858 in Regensburg) in Memmingen. Julius Kohn (geb. 15. Oktober 1880) und Hedwig Kohn (geb. 27 Juli 1885, beide in Memmingen) waren die ersten beiden Kinder des Ehepaars, welches dann im Jahr 1889 von Memmingen nach Kempten zog, wo sie das Schuhgeschäft der Familie Schlachtberger übernahm. Die Familie wohnte bis 1891 in der Klostersteige und zog später innerhalb der Straße in die Klostersteige 11 (heute Reischmann) um.


Die Schuhgeschäfte wurden 1889 von Leopold Kohn gegründet und befanden sich in der Königstraße 28 und in der Klostersteige 17 (heutige Hamburgerei). In der Königstraße wurden elegante Schuhe verkauft, während das Geschäft in der Klostersteige Kinder-, Arbeits- und Stallschuhe anbot. Ende der 1920er Jahre eröffnete die Familie zudem ein Strumpfgeschäft an der Ecke Klostersteige. Mit der sogenannten „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 wurden die Geschäfte kurzzeitig boykottiert und geschlossen. Fünf Jahre später, 1938, war endgültig Schluss und die Geschäfte wurden im Zuge der „Arisierung“ von einem anderen Schuhhändler übernommen.



Während des NS-Regimes wurden Julius und Bruno Kohn (jüngster Sohn von Leopold und Mathilde; geb. 26. Juni 1893) in Schutzhaft genommen. Während Bruno bald wieder freigelassen wurde, wurde Julius für eine kurze Zeit ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Hedwig und Julius Kohn wurden am 31. März 1942 über München mit dem Zug in das Konzentrationslager Piaski deportiert, wo sie später auch ermordet wurden. Mathilde Kohn wurde wenige Monate später am 10. August 1942 mit dem Judentransport nach Theresienstadt deportiert und dort am 18. September ermordet. Der Jüngste der Geschwister Kohn, Bruno Kohn, wurde als einer der letzten Kemptner Juden (Emil Steiner, Siegfried Walter) am 20. Februar 1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert.

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Bruno Kohn überlebte die Zeit im Ghetto und kehrte nach Kempten zurück . Am 14. Mai 1946 eröffnete er erneut das Schuhhaus in der Königstraße, welches er später mit seiner Tochter Margot weiterführte, bis sie es 1979 aufgaben.

Bruno Kohn wurde 1948 als Mitglied der Bayern-Partei in den Kemptener Stadtrat gewählt. Er war neben Dr. Hans Falk (SPD) der zweite jüdische Stadtrat der Nachkriegszeit in Kempten. Beim Spruchkammerverfahren gegen den langjährigen Oberbürgermeister Dr. Otto Merkt trat Kohn als Entlastungszeuge auf.
Bruno Kohn verstarb am 15. Dezember 1979 und wurde auf dem Friedhof in Kempten beerdigt.



Weitere Verwandtschaft aus Memmingen:
- Kohn Antonie *2. August 1889 in Memmingen
- -> Cousine von Julius, Hedwig und Bruno Kohn; Vater Nathan Kohn (Bruder Leopold Kohn)
- -> Deportiert: 13. März 1943 nach Ausschwitz
- Kohn Mathilde geb. Herzfelder *11. April 1886 in Marktbreit bei Kitzingen
- -> Frau von Nathan Kohn (Bruder Leopold Kohn)
- -> Deportiert: 24. Juni 1942 nach Theresienstadt; 19. September 1942 nach Teblinka
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